Am 11. Dezember 2025 haben Bundesgesundheitsministerin Nina Warken, NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann und die Hamburger Sozialsenatorin Melanie Schlotzhauer die Ergebnisse der Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Zukunftspakt Pflege“ in Berlin vorgestellt. Mit dem Zukunftspakt Pflege soll auf einer stabilen finanziellen Grundlage eine bürgernahe und menschenwürdige pflegerische Versorgung in der Stadt und auf dem Land sichergestellt werden. In den fachlichen Eckpunkten finden sich nachstehend folgende Formulierungen mit kommunalem Bezug:
• Die Kommunen unterstützen ältere Menschen bereits heute mit freiwilligen Angeboten dabei, die Zeit bis zum und ab dem Ruhestand für den Erhalt und die Förderung der Gesundheit zu nutzen. Dabei sollen sie auch prüfen, inwiefern der Übergang in den Ruhestand als Anlass genutzt werden kann, um Potentiale bspw. für ehrenamtliche Betätigungsformen, auch im Bereich der Betreuung und Unterstützung älterer und pflegebedürftiger Menschen, zu gewinnen und zu aktivieren. (Seite 7)
• Pflegebedürftigkeit kann auch durch die Inanspruchnahme geeigneter kommunaler Angebote verzögert oder vermieden werden. Die Länder legen daher fest, dass in Berichten über die Pflegeplanung der Kommunen auch Präventionsangebote der Kommunen und anderer Träger mit dargestellt werden. Die Länder bestärken die Kommunen darin, ihre präventiven Aktivitäten mit Blick auf die Vermeidung von Pflegebedürftigkeit möglichst eng mit den Kranken- und Pflegekassen abzustimmen, um den Anschluss zu Bereichen wie der Rehabilitation oder der Gesundheit älterer Menschen herzustellen. (Seite 7)
• Die Krankenkassen unterstützen in ihrem GKV-Bündnis für Gesundheit bereits bundesweit Kommunen bei der Umsetzung gesundheitsförderlicher Vorhaben für vulnerable Zielgruppen, insbesondere Vorhaben für ältere Menschen und pflegende Angehörige. Die Krankenkassen werden aufgefordert, im Rahmen des kommunalen Förderprogramms interessierte Kommunen bereits bei der Entwicklung von Konzepten zu unterstützen. Dabei sind vermehrt die Entwicklung und Umsetzung von kommunalen lebensweltbezogenen Interventionen zu fördern, um insbesondere sozial benachteiligte Gruppen und hochbetagte und pflegebedürftige Menschen, die im häuslichen Umfeld betreut werden, zu erreichen sowie pflegende An- und Zugehörige, die aufgrund der mit der Pflegesituation verbundenen physischen wie psychischen Beanspruchungen ebenfalls von Präventions- und Gesundheitsförderungsmaßnahmen profitieren können. Hierdurch können, wie im Koalitionsvertrag vorgesehen, auf kommunaler Ebene freiwillige Angebote für vulnerable Gruppen gestärkt werden. Das GKV-Bündnis für Gesundheit wird gebeten, die Strukturen und Verfahren der Antragstellung und Entscheidungsfindung zu vereinfachen und damit den Zugang für Kommunen zu den Angeboten nach § 20a SGB V zu erleichtern. (Seite 7)
• Das Angebot der „Fachlichen Begleitung und Unterstützung bei der Pflege“ soll möglichst vor Ort aus einer Hand mit anderen Beratungs- und Unterstützungsangeboten zur Bewältigung des Alltags (z. B. im Rahmen der Altenhilfe) erbracht werden. Daher kann es – im Sinne eines „Opt-ins“ – anstelle der Pflegekassen unter Nutzung der hierfür vorgesehenen finanziellen Mittel auch von einer Kommune oder einem Träger der Altenhilfe oder einem Pflegestützpunkt erbracht werden, um eine Begleitung „aus einer Hand“ und Vernetzung mit anderen für Pflegebedürftige und ihre An- und Zugehörigen relevanten Beratungs- und Unterstützungsangeboten zu ermöglichen. Für die Finanzierung des Angebots wird ein geeigneter Schlüssel entwickelt (z. B. Betrag pro Pflegebedürftigen oder Region). (Seite 10)
• Die pflegerische Versorgung der Bevölkerung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe (§ 8 Absatz 1 SGB XI). Die Länder, die Kommunen, die Pflegeeinrichtungen und die Pflegekassen wirken unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes dabei eng zusammen, um eine leistungsfähige, regional gegliederte, ortsnahe und aufeinander abgestimmte ambulante und stationäre pflegerische Versorgung der Bevölkerung zu gewährleisten (§ 8 Absatz 2 Satz 1 SGB XI). (Seite 19)
• Um eine ausreichende Angebotsinfrastruktur vor Ort sicherzustellen, sollen den Pflegekassen und Kommunen (mehr) Möglichkeiten eröffnet werden, selbst Träger von Pflegeeinrichtungen zu sein, zum Beispiel soweit in einer Region eine Unterversorgung mit entsprechenden Angeboten festgestellt wurde und keine freigemeinnützigen oder gewerblichen Träger ein Angebot zur Verfügung stellen (Eigeneinrichtungen der Pflegekassen oder Kommunen). (Seite 20)
• Die Sicherstellung einer hinreichenden Angebotsinfrastruktur wird durch eine geeignete kurz- und mittelfristige, wirkungsorientierte Pflege(bedarfs)planung unterstützt, die auch Grundlage für eine wirkungsorientierte Steuerung sein kann. Eine wirkungsorientierte Pflegeplanung beschreibt eine anzustrebende leistungsfähige, zahlenmäßig ausreichende und wirtschaftliche pflegerische Versorgungsstruktur für eine Region und wie die vorhandenen Strukturen und Prozesse in diese Richtung entwickelt werden können. Diese Planung ist datengestützt. Diese sollen von den Kommunen in Verbindung mit weiteren pflegerelevanten Daten für eine wirkungsorientierte Pflegebedarfsplanung genutzt werden. Damit wird der Datentransparenz, Vermeidung von Doppelstrukturen und dem Grundsatz („public money, public data“) Rechnung getragen. (Seite 21)
• Die Versorgungssituation ist wesentlich von der Zahl der in einer Region tätigen Pflegefachpersonen und weiteren in der Pflege Tätigen abhängig. Die kommunale Pflegeplanung soll daher auch die Daten über in der Kommune (professionell) in der Pflege tätige Personen berücksichtigen. Dadurch können auch die Auswirkungen von Strukturveränderungen wie beispielsweise der Krankenhausreform planerisch mit bedacht werden. Ein Pflegepersonal-Monitoring kann auch Teil des Kerndatensatzes sein. (Seite 21)
• Nach § 8 SGB XI ist die pflegerische Versorgung eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die Länder, die Kommunen, die Pflegeeinrichtungen und die Pflegekassen wirken unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes eng zusammen, um eine leistungsfähige, regional gegliederte, ortsnahe und aufeinander abgestimmte ambulante und stationäre pflegerische Versorgung der Bevölkerung zu gewährleisten. Angesichts der demografiebedingt begrenzten Ressourcen vor allem an Pflegefach- und Pflegefachassistenzkräften stehen hierbei für gemeinsame Anstrengungen mit den Pflegekassen und Kommunen nachstehende Strukturen im Mittelpunkt: Pflegerische Infrastrukturen, die dazu dienen, den Verbleib von pflegebedürftigen Menschen in ihrer Häuslichkeit zu ermöglichen, also ambulante Strukturen sowie teilstationäre Angebote und Kurzzeitpflege,
- Strukturen zur Bewältigung von pflegerischen Akutsituationen,
- Strukturen auf kommunaler- und Landesebene zur Vernetzung, Koordinierung und planerischen Weiterentwicklung der Pflegeinfrastruktur, einschließlich präventiver Maßnahmen sowie der Ausgestaltung von Schnittstellen zu den angrenzenden Versorgungssystemen, um einen effizienten Einsatz des vorhandenen Personals zu ermöglichen und zu forcieren,
- Infrastrukturen, die vor Ort und im Quartier erforderlich sind, damit pflegebedürftige Menschen und ihre An- und Zugehörigen einen durch Pflegebedürftigkeit geprägten Alltag möglichst lange bewältigen können - zentral sind hierbei Beratung, Mobilität, Unterstützung und Teilhabe, und
- Strukturen der schulischen Ausbildung von Pflegefach- und Pflegefachassistenzkräften und Maßnahmen der unmittelbaren Fachkräftesicherung. (Seite 45)
Die Pflegeversicherung sieht sich bereits ab dem Jahr 2027 mit erheblichen Finanzierungsbedarfen konfrontiert. Gleichzeitig wachsen die Aufwände der Kommunen und Länder als Kostenträger für die Hilfe zur Pflege sehr dynamisch. Die entsprechenden Kosten können angesichts ihres Umfangs nicht allein auf der Ausgabenseite gedeckt werden. Angesichts dessen sind auch Maßnahmen auf der Einnahmeseite erforderlich. Für eine nachhaltige Finanzierung und Finanzierbarkeit der Pflegeversicherung sieht die Bund-Länder-Arbeitsgruppe mehrere Optionen für ausgaben- und einnahmenseitige Maßnahmen. Der Deutsche Landkreistag sieht als zentralen Baustein für mehr Planungssicherheit der Pflegebedürftigen den vorgeschlagenen Sockel-Spitze-Tausch: Der individuelle Eigenanteil würde auf einen festen Sockelbetrag begrenzt, während die Pflegeversicherung die darüberhinausgehenden pflegebedingten Kosten trägt. Ein solches Modell kann nach Auffassung des Landkreistages aber nur dann überzeugen, wenn es solide finanziert ist und nicht zu einer zusätzlichen Belastung der kommunalen Haushalte führt. Die auf Fachebene vorgelegten Optionen bilden eine wichtige Grundlage für das nun anstehende Verfahren einer umfassenden Pflegereform.