Beschlüsse Delegiertenversammlung

Positionspapier "Schaffung einer inklusiven Welt."

1. Februar 2022

Schaffung einer inklusiven Welt.

Beschluss der digitalen Delegiertenversammlung der Bundes-SGK am 22. Januar 2022

1. Allgemeiner Teil
Demokratie braucht Inklusion. Mit der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) ist die Achtung gleicher Rechte von Menschen mit Behinderungen zur Verpflichtung geworden. Insgesamt haben über 177 Staaten das Abkommen ratifiziert und damit über 90 Prozent der Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen. In Deutschland ist die UN-BRK zum 26. März 2009 in Kraft getreten. Aufgrund des ihm zugrunde liegenden weiterentwickelten Verständnisses von Behinderung, seiner Ausrichtung auf den radikalen Abbau von Barrieren in allen Lebensbereichen, aufgrund seines Fokus auf die Autonomie, Selbstbestimmung und Inklusion von Menschen mit Behinderungen sowie der Einführung des Menschenrechtsansatzes in ein national wie international vernachlässigtes Politikfeld kann dem ersten Menschenrechtsübereinkommen des 21. Jahrhunderts ein beträchtliches Innovationspotenzial zugeschrieben werden.

Die UN-BRK beruht auf der Erkenntnis, dass das Verständnis von Behinderung sich ständig weiterentwickelt und dass Behinderung aus der Wechselwirkung zwischen Menschen mit Beeinträchtigungen und einstellungs- und umweltbedingten Barrieren entsteht. Nach der UN-BRK zählen zu den Menschen mit Behinderungen Menschen, die langfristige körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, welche sie in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können. Mit diesem Hinweis macht die Konvention deutlich, dass Behinderung nicht allein durch eine Beeinträchtigung entsteht, sondern erst durch die Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren. Wie sehr eine körperliche, geistige, seelische oder Sinnesbeeinträchtigung sich behindernd auswirkt, hängt also entscheidend auch von den gesellschaftlichen Bedingungen ab, auf die ein Mensch mit einer Beeinträchtigung stößt. Auch wenn die UN-BRK keine ausdrückliche Definition des Begriffs Inklusion enthält, lässt sich aus ihr ermitteln, was unter „Inklusion“ zu verstehen ist. Sie konkretisiert die allgemeinen Menschenrechte für die Lebenssituation von Menschen mit Behinderung. Sie verbietet die Diskriminierung von Menschen mit Behinderung in allen Lebensbereichen. Hierbei lassen folgende Grundsätze festmachen:

  • die Achtung der dem Menschen innewohnenden Würde, seiner individuellen Autonomie, einschließlich der Freiheit, eigene Entscheidungen zu treffen, sowie seiner Unabhängigkeit;
  • die volle und wirksame Teilhabe an der Gesellschaft und Einbeziehung in die Gesellschaft;
  • die Achtung vor der Unterschiedlichkeit von Menschen mit Behinderungen und die Akzeptanz dieser Menschen als Teil der menschlichen Vielfalt und der Menschheit;
  • die Zugänglichkeit;
  • die Gleichberechtigung von Mann und Frau;
  • die Achtung vor den sich entwickelnden Fähigkeiten von Kindern mit Behinderungen und die Achtung ihres Rechts auf Wahrung ihrer Identität.

Schlüsselbegriffe mit Blick auf Inklusion sind dabei „die Nichtdiskriminierung“ sowie „die volle und wirksame Teilhabe Aller an der Gesellschaft und deren Einbeziehung in die Gesellschaft“. Inklusion kann damit als „die volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe Aller an der Gesellschaft“ definiert werden. Sie muss als gesamtgesellschaftliche Aufgabe begriffen werden.

2. Lebenswelten
Nach Erhebungen der Bundesregierung im ‚Sozialbericht 2021‘ und dem ‚Dritten Teilhabebericht über die Lebenslagen von Menschen mit Beeinträchtigungen‘ lebten in Deutschland im Jahr 2017 rund 13 Mio. Menschen mit Beeinträchtigungen in Privathaushalten und Einrichtungen. Dies bedeutet einen Anstieg um 9 Prozent seit 2009. Die Anzahl der Menschen mit anerkannter Schwerbehinderung und einem Grad der Behinderung von mindestens 50 stieg dabei um 9 Prozent stark an, bei Frauen stärker als bei Männern. Der Anteil der Menschen mit Beeinträchtigungen an der Gesamtbevölkerung ist nach wie vor in der Gruppe der über 80-jährigen mit 50 Prozent am höchsten. In der Altersgruppe der 65- bis 79-jährigen betrug der Anteil 33,7 Prozent. Von den 45- bis 64-jährigen hatten ca. 19,1 Prozent eine Beeinträchtigung. Von Kindern und Jugendlichen unter 15 Jahren waren 1,8 Prozent beeinträchtigt. Parallel zu den Verschiebungen des demographischen Wandels, bei der die Anzahl der Älteren steigt, steigt auch die Anzahl der Seniorinnen und Senioren mit Beeinträchtigungen. Die Zahl der Menschen mit Beeinträchtigungen und Migrationshintergrund ist seit 2009 um 30 Prozent gestiegen und lag im Jahr 2017 bei 1,87 Mio. Personen. Die Zahl der Frauen stieg hierbei um 35 Prozent, die der Männer um 25 Prozent. Ein besonders hoher Anstieg der Zahlen von Menschen mit einer anerkannten Schwerbehinderung verzeichnete im Zeitraum von 2009 bis 2017 die Gruppe der Menschen mit einer psychischen Beeinträchtigung. Die Zahl erhöhte sich um 47 Prozent von 433 000 auf 644 000 Personen.

a. Mobilität
Eine gleichberechtigte Teilhabe umfasst die Möglichkeit ungehinderter Mobilität in allen Lebensbereichen. Voraussetzungen hierfür sind zum einen gleichberechtigte Zugänge zu öffentlichen Transportmitteln aller Art und zum anderen die private Mobilität sowie die hierfür bereitzustellenden Hilfsmittel. Das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) regelt unter anderem die Barrierefreiheit im Bereich Verkehr. Öffentliche Wege, Plätze und Straßen sowie öffentlich zugängliche Verkehrsanlagen und Beförderungsmittel im öffentlichen Personenverkehr sind barrierefrei zu gestalten. Das BGG hat zur Novellierung zahlreicher nationaler Gesetzgebungen im Bereich der Mobilität wie z.B. dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG), dem Personenbeförderungsgesetz (PBefG), der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (EBO), dem Luftverkehrsgesetz (LuftVG) und dem Bundesfernstraßengesetz (FStrG) mit Blick auf einen inklusiven Mobilitätsbegriff geführt. Diese Gesetze enthalten nun Regelungen, die auf die Herstellung einer möglichst weitreichenden – im Bereich des straßengebundenen ÖPNV auf eine vollständige – Barrierefreiheit abzielen. Auch die Beteiligungsrechte von Menschen mit Behinderungen wurden im Zuge der Gesetzesänderungen gestärkt.

Inklusive Kommunen setzen sich ein für:

  • einen barrierefreien Verkehrsraum (ausreichend breite und sichere Fuß- und Radwege; barrierefreie Bus- und Bahnhaltestellen; abgesenkte Bordsteine und Leitsysteme für Menschen mit Beeinträchtigungen)
  • einen barrierefreien öffentlichen Nahverkehr
  • ausreichend barrierefreie Infrastruktur für individuelle Mobilität (behindertengerechte und familienfreundliche Parkplätze)

b. Wohnen
Im Jahr 2017 hatten 14,5 Prozent (beziehungsweise 11,9 Millionen Personen) der in Privathaushalten lebenden Menschen Beeinträchtigungen, darunter 12,1 Prozent eine anerkannte Behinderung (8,8 Prozent eine Schwerbehinderung). Eine wichtige Voraussetzung dafür, trotz bestehender Beeinträchtigungen und/oder Pflegebedarf eigenständig in einem Privathaushalt zu wohnen, ist in vielen Fällen das Vorhandensein von barrierefreiem Wohnraum, einem barrierefreien Wohnumfeld sowie bedarfsgerechter Unterstützungs-, Assistenz- oder Pflegeleistungen. 2018 befanden sich 10,3 Prozent aller bewohnten Wohnungen in Gebäuden, die sowohl schwellenlos zugänglich sind als auch genügend breite Haustüren und Flure haben, um sie etwa mit einem Rollstuhl befahren zu können. Betrachtet man nur diejenigen Gebäude, die ab dem Jahr 2011 errichtet wurden, so verbessert sich das Bild deutlich gegenüber dem Wohnungsbestand insgesamt: Von diesen neueren Gebäuden sind gut die Hälfte (50,7 Prozent) schwellenlos zugänglich und 43,9 Prozent sind zusätzlich mit genügend breiten Haustüren und Fluren ausgestattet, bieten also die baulichen Voraussetzungen für eine weitgehende Barrierefreiheit. Wie bei den Gebäuden zeigt die separate Betrachtung von Wohnungen, die im Jahr 2011 oder später gebaut wurden, dass sie wesentlich häufiger Merkmale des Barrierenabbaus erfüllen. Hier bieten 18,1 Prozent die Voraussetzungen für eine vollständige Barrierefreiheit.
Insgesamt zeigt sich, dass nur ein sehr kleiner Teil des Wohnungsbestands alle erforderlichen Merkmale der Barrierenreduzierung erfüllt. Dadurch wird das Recht, den eigenen Aufenthaltsort frei zu wählen und frei zu entscheiden, wo und mit wem man leben möchte, durch bauliche Barrieren stark eingeschränkt. Höhere Standards beim Neubau sorgen für eine positive Entwicklung, die allerdings wegen eines häufig fehlenden ganzheitlichen Konzepts, das alle Aspekte der Barrierenreduzierung berücksichtigt, unter den Möglichkeiten bleibt.

Inklusive Kommunen setzen sich ein für:

  • Rollstuhlgerechten, barrierearmen und / -freien Wohnraum
  • barrierefreie Zugänge zu öffentlichen Gebäuden und Institutionen des täglichen Bedarfs
  • öffentliche Ort der Begegnung für Menschen mit und ohne Beeinträchtigung

c. Teilhabe am gesellschaftlichen Leben
In Deutschland engagiert sich knapp ein Viertel (24,2 %) der Menschen mit Beeinträchtigungen regelmäßig oder gelegentlich in Vereinen oder Verbänden, in sozialen Diensten oder Selbsthilfegruppen. Menschen ohne Beeinträchtigungen engagieren sich häufiger (33,5 %) – in den letzten Jahren vergrößerte sich der Abstand eher. Strukturen der Interessenvertretung von Menschen mit Beeinträchtigungen gibt es auf unterschiedlichen Ebenen. Sie reichen von informellen Initiativen und Selbsthilfeorganisationen bis zu formalen Vertretungsorganen auf der politischen Ebene. Die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen an allen Bereichen des politischen und öffentlichen Lebens ist explizit Gegenstand der UN-BRK. Diese enthält die staatliche Verpflichtung, sicherzustellen, dass alle Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen unmittelbar oder durch Vertretungspersonen vermittelt am politischen und öffentlichen Leben teilhaben können. Dies schließt das Recht und die Möglichkeit ein, selbst zu wählen und sich wählen zu lassen. Es muss ein Umfeld gefördert werden, in dem Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt und ohne Diskriminierung umfassend an der Gestaltung öffentlicher Angelegenheiten mitwirken können. Hierzu gehört z. B. das zivilgesellschaftliche Engagement, also die Mitarbeit in nicht staatlichen Organisationen und Vereinigungen, die sich mit dem öffentlichen und politischen Leben ihres Landes befassen. Ebenso gehört die Bildung und Mitwirkung in Organisationen dazu, die die Interessen von Menschen mit Beeinträchtigungen auf allen Ebenen vertreten.

Inklusive Kommunen setzen sich ein für:

  • die Schaffung von Inklusionsbeiräten
  • die Auf- und Umsetzung von Teilhabeplanungen
  • barrierefreie Kommunikation mit ihren Bürger:innen (z.B. durch Einfache und Leichte Sprache auf ihren Webseiten oder in ihren Broschüren)
  • die Stärkung und Ermutigung von Menschen die sich für ihr Gemeinwohl engagieren und Projekte und Initiativen voranbringen wollen

d. Betreuung und Bildung
Durch den umfassenden Erwerb von Fähigkeiten und Fertigkeiten, von Wissen und Handlungskompetenzen sowie von schulischen und beruflichen Abschlüssen ist Bildung eine Ressource für gesellschaftliche Teilhabe in jeder Lebensphase. Immer mehr Kinder mit Beeinträchtigungen werden aufgrund einer festgestellten Beeinträchtigung in Bildungseinrichtungen speziell gefördert. Allerdings ergeben sich damit nicht automatisch bessere Perspektiven für die Teilhabe an Bildung und Ausbildung. 91,5 Prozent der Kinder unter acht Jahren mit festgestelltem Förderbedarf wurden im Jahr 2018 in einer regulären Tageseinrichtung betreut, d. h. lediglich 8,5 Prozent dieser Kinder besuchten eine spezielle Tageseinrichtung für Kinder mit Behinderung. Im schulischen Bildungssystem ist der Anteil regelbeschulter Kinder und Jugendlicher mit Beeinträchtigungen zwischen 2014 und 2017 deutschlandweit um 7,6 Prozentpunkte auf 41,7 Prozent angestiegen, die Inklusionsquote von 2,36 auf 2,98 Prozent. Gleichwohl führt mehr Inklusion kaum zu weniger Exklusion. So sank die Zahl der Förderschülerinnen und Förderschüler im gleichen Zeitraum nur um rund 5 Prozent, die Sonderschulbesuchsquote lag im Jahr 2017 bei 4,2 Prozent. Deutliche Unterschiede bestehen weiterhin hinsichtlich der Schulabschlüsse von Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen. Im Jahr 2017 hatten unter den 20- bis 64-jährigen Menschen mit Beeinträchtigungen 8 Prozent (noch) keinen Abschluss (Menschen ohne Beeinträchtigungen: 4,1 Prozent) und 38,3 Prozent einen Hauptschulabschluss (Menschen ohne Beeinträchtigungen: 22,7 Prozent). Im Jahr 2016 verließen 71,1 Prozent der Schülerinnen und Schüler an Förderschulen diese ohne Hauptschulabschluss, darunter 58 Prozent aus dem Förderschwerpunkt Lernen. Rund 71 Prozent der Jugendlichen ohne Hauptschulabschluss wechseln laut aktuellem Bildungsbericht nach Verlassen der Schule in das Übergangssystem berufsvorbereitender Bildungsmaßnahmen. Im Vergleich zu Menschen ohne Beeinträchtigungen (15,0 Prozent) verfügten Menschen mit Beeinträchtigungen (20,5 Prozent) im Jahr 2017 zu höheren Anteilen über keinen beruflichen Abschluss. Gleichzeitig hatten Menschen mit Beeinträchtigungen (10,3 Prozent) zu einem geringeren Anteil einen akademischen Abschluss als Menschen ohne Beeinträchtigungen (23,3 Prozent). Im Jahr 2016 waren bundesweit 23 Prozent der Studierenden beeinträchtigt, bei 11 Prozent wirkten sich die gesundheitlichen Beeinträchtigungen studienerschwerend aus. Ursache der Studienerschwernisse waren mehrheitlich psychische Beeinträchtigungen beziehungsweise seelische Erkrankungen.

Inklusive Kommunen setzen sich ein für:

  • Inklusive und barrierefreie Kindertagesstätten und Schulen
  • ausreichend qualifizierte Erzieher:innen und Lehrer:innen zur Förderung aller Schüler:innen
  • einen auskömmlichen Personalschlüssel zur Förderung aller Schüler:innen
  • gleichberechtigte Bildungschancen für Kinder und Jugendliche mit oder ohne Beeinträchtigung unabhängig ihrer sozialen Herkunft
  • eine kindswohlorientierte Bildung von Kindern mit und ohne Beeinträchtigung

e. Arbeitswelt
Die Anzahl der erwerbstätigen Menschen mit Beeinträchtigungen ist gegenüber dem Jahr 2009 um 4 Prozent gestiegen. Allerdings ist die Erwerbsbeteiligung von Menschen mit Beeinträchtigungen noch immer erheblich geringer als diejenige von Menschen ohne Beeinträchtigungen. Die Arbeitslosenquote von Menschen mit anerkannter Schwerbehinderung ist zwar kontinuierlich von 13,4 Prozent im Jahr 2015 auf 11,2 Prozent im Jahr 2019 gesunken. Damit lag sie jedoch nach wie vor deutlich über der allgemeinen Arbeitslosenquote von 6,5 Prozent im Jahr 2019. Die Anzahl der Auszubildenden mit anerkannter Schwerbehinderung ist seit 2014 um 7,7 Prozent gestiegen. Ihr Anteil an allen Auszubildenden blieb jedoch unverändert und lag im Jahr 2017 bei 0,7 Prozent.

Inklusive Kommunen setzen sich ein für:

  • gleichberechtigte Teilhabe am Arbeitsmarkt von Menschen mit oder ohne Beeinträchtigung
  • gleichberechtigte Teilhabe am Arbeitsmarkt von Jung und Alt
  • Förderung von Integrations- und Inklusionsbetrieben aus der Ausgleichsabgabe

3. Kommune inklusiv
Kommunen stehen wie kein anderer Ort für das Zusammenleben von Menschen ob mit oder ohne Beeinträchtigungen. Gelingt Inklusion, wird die Gesellschaft durch ihre Vielfalt bereichert. Es besteht weniger Anpassungsdruck, Solidarität wird gelebt. Diese Erkenntnis ist gleichzeitig ein wichtiger Schritt für die Weiterentwicklung der Inklusion in den Kommunen. Beispielhaft sei hier auf die durch die Kommunalen Spitzenverbände und die Aktion Mensch unterstütze Initiative „Kommune inklusiv“ verwiesen. Für die erfolgreiche Umsetzung von Inklusion in der Kommune bedarf es unterschiedlicher Rahmenbedingungen. Das Gemeinwesen muss bereit und fähig dazu sein, die Inklusionsbedarfe und menschenrechtsrelevanten Fragestellungen gemeinsam mit den Menschen mit besonderen Bedarfen zu bearbeiten. Inklusion beginnt im Kopf. Sie gelingt, wenn Alt und Jung, Menschen mit und ohne Beeinträchtigung, Menschen mit und ohne Migrationshintergrund sich mit den jeweils anderen Lebenswelten auseinandersetzen. Inklusion in der Kommune kann nur gelingen, wenn die Verwaltung sie mitträgt. Sie muss sich mit dem Vorhaben identifizieren und davon überzeugt sein, dass mehr Inklusion die Gesellschaft voranbringt. Wenn die Verwaltung den Inklusionsprozess von oben stützt und motiviert so trägt sie dafür Sorge, dass sich auch die Menschen vor Ort aktiv am Prozess beteiligen. Die Verwaltung kann sich auf unterschiedliche Weise an diesem Prozess beteiligen: mit Personal, Ideen oder Geld. Sie kann auch Räume oder Plätze für Veranstaltungen zur Verfügung stellen. Wichtig ist auch, dass sich die Verwaltung zu einem weiten Inklusionsbegriff bekennt. Erfolgreiche Inklusion ist auf starke Akteur:innen vor Ort angewiesen wie z.B. Vertreter:innen von gemeinnützigen Vereinen, Wohlfahrtsverbänden oder Wirtschaftsunternehmen, engagierte Bürger:innen, Menschen aus den Zielgruppen als Expert:innen in eigener Sache. Haupt- und ehrenamtliche Entscheidungsträger auf kommunaler Ebene können all diese verschiedenen Akteure zusammenführen, mit ihnen auf Augenhöhe kommunizieren, in einem gemeinsamen Netzwerk für die Umsetzung von Projekten und Maßnahmen sorgen. Die öffentlichen Akteure (Bund, Länder und Kommunen), aber auch die Sozialversicherungsträger stehen in der Verantwortung, entsprechende Rahmenbedingungen und Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Es reicht nicht aus, von Kommunen die Umsetzung inklusiver Strukturen und Prozesse zu fordern. Die Implementierung der erforderlichen Strukturen kostet Zeit und Geld. Wer Inklusion will, der muss letztlich auch Geld in die Hand nehmen. Ausschließlich an die Kommunen gerichtete Forderungen, z.B. vonseiten der Bundesländer, sind ohne finanzielle Beteiligungszusagen jedenfalls nicht glaubwürdig. Kommunen müssen finanziell durch Bund und Länder in die Lage versetzt werden die an sie gestellten Anforderungen an eine inklusive Gestaltung der Gesellschaft zu realisieren.