Positionspapier
Beschlüsse Vorstand

Positionspapier "5 Milliarden Euro zur Entlastung der Kommunen müssen vollständig ankommen!"

24. Juni 2016

1.    Die Bundes-SGK fordert den Bundestag, die Bundesregierung und die Länder dazu auf, den zwischen den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder und der Bundesregierung bei ihrem Treffen am 16. Juni 2016 verabredeten Weg der Umsetzung der im Koalitionsvertrag versprochenen Entlastung der Kommunen um fünf Milliarden jährlich nachzubessern.

2.    Eine Weitergabe von einer Milliarde Euro der zur kommunalen Entlastung vorgesehenen fünf Milliarden über Umsatzsteueranteile der Länder widerspricht den Aussagen und Intentionen des Koalitionsvertrages und ist auszuschließen.

3.    Um dem Ziel, besonders jene Kommunen zu entlasten, die durch Strukturschwächen besonders belastet sind, zu entsprechen, muss der Transfer über eine wesentlich deutlichere Erhöhung des Bundesanteils an den Kosten der Unterkunft und Heizung in der Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II) erfolgen. Das Eintreten einer Bundesauftragsverwaltung ist hinnehmbar. Eine den Kreisen entstehende Entlastung ihrer Sozialhaushalte muss mit einer Absenkung der Kreisumlage für die kreisangehörigen Gemeinden und Städte einhergehen.

Begründung:
Die Entwicklung der Sozialausgaben der Kommunen ist durch eine andauernde Steigerung der Aufwendungen gekennzeichnet, die in einzelnen Bereichen besonders dynamisch verläuft. Das betrifft z.B. die Eingliederungshilfe für behinderte Menschen oder die Hilfen zur Erziehung in der Jugendhilfe, die Hilfen zur Pflege, die alle durch steigende Fallzahlen gekennzeichnet sind.

Demgegenüber steht eine unzureichende Investitionstätigkeit der Kommunen, um die Instandhaltung und Anpassung der baulichen Infrastruktur an moderne Erfordernisse zu gewährleisten. Die Kommunen als Baulastträger können die Anforderungen nicht erfüllen. Kreditanstalt für Wiederaufbau und die Fratzscher-Kommission beim Bundeswirtschafts-minister haben den kommunalen Investitionsstau 2015 mit 132 Milliarden und 156 Milliarden Euro geschätzt.

Dabei sind die Auswirkungen in den einzelnen Städten, Gemeinden und Kreisen sehr unter¬schiedlich. Das Stichwort hierzu lautet Heterogenität. Nicht nur die Höhe der Steuerein¬nahmen differiert erheblich, auch die Höhe der Sozialausgaben betreffen die Regionen unterschiedlich. Schließlich ist in vielen Bundesländern auch ein kommunales Altschulden¬problem zu bewältigen, wie es sich z.B. an der Höhe der Kassenkredite und ihrem weiteren Anstieg zeigt.

Vor diesem Hintergrund müssen die finanzpolitischen Maßnahmen bewertet werden. So hat der Koalitionsvertrag der Großen Koalition im Bund auch die notwendige Entlastung der Kommunen von Sozialausgaben als prioritäre Maßnahme festgestellt und zu einem Teil seines Programms gemacht. Dieser Punkt muss abschließend noch in dieser Legislaturperiode geregelt werden.

Der Bund hat sich bereits für die Jahre 2015 bis 2017 dazu verpflichtet den Kommunen jeweils eine Vorabentlastung in Höhe von einer Milliarde Euro pro Jahr zur Entlastung ihrer Haushalte zukommen zu lassen. Diese Milliarde wird jeweils zur Hälfte der bestehenden Bundesbeteili¬gung an den Kosten der Unterkunft (KdU) nach SGB II und dem gemeindeeigenen Umsatz¬steueranteil aufgeschlagen. Zudem wird der Bund im Jahr 2017 weitere 1,5 Milliarden Euro bereitstellen, die über eine weitere Erhöhung des Bundesanteils an den KdU um 500 Millionen Euro und 1 Milliarde Euro Aufschlag auf die gemeindeeigenen Umsatzsteueranteile erfolgen soll.

Die Koalitionäre haben sich im Bund darauf verständigt, dass die Entlastung der Kommunen nicht mehr, wie ursprünglich vorgesehen über die Reform der Eingliederungshilfe für Behinderte und die Übernahme der Kosten entscheidender Leistungsbestandteile der Eingliederungshilfe, wie z.B. einem Bundesteilhabegeld, durch den Bund erfolgen sollte. Das Ziel der Entlastung der Kommunen wurde von der Reform der Eingliederungshilfe und dem Gesetzgebungsvorhaben für ein Bundesteilhabegesetz entkoppelt. Entsprechend muss ein alternativer Weg für die versprochene Entlastung gefunden werden.

Hierzu haben die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder und die Bundesregie¬rung in ihrer Besprechung am 16. Juni 2016 unter TOP 4 Bund-Länder-Finanzbeziehungen“ folgenden Beschluss unter 1) Bundesteilhabegesetz gefasst:

„Zur Entlastung der Kommunen werden 2015 und 2016 jeweils 1 Mrd. Euro über einen höheren Umsatzsteueranteil der Kommunen bzw. eine höhere Bundesbeteiligung an den Kosten der Unterkunft (KdU) an Länder und Kommunen weitergegeben. In 2017 erhöht sich die Summe auf 2,5 Mrd. Euro. Die Aufstockung von 1,5 Mrd. Euro wird wie folgt verteilt: 500 Mio. Euro werden über die KdU und 1 Mrd. Euro über einen höheren Gemeindeanteil an der Umsatz¬steuer verteilt. Insgesamt werden 2017 damit 1 Mrd. Euro über die KdU und 1,5 Mrd. Euro über den Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer weitergegeben.

Die zusätzlichen Kosten des Bundes aufgrund des Bundesteilhabegesetzes werden nicht von dem Entlastungsbetrag in Höhe von 5 Mrd. Euro, der zukünftig an Länder und Kommunen fließen soll, abgezogen.

Da die Vorabregelungen auslaufen, wird folgender Transferweg vereinbart: Kommunen und Länder werden mit folgenden zusätzlichen Mitteln ausgestattet: 4Mrd. Euro im Verhältnis 3:2 (Umsatzsteuer Kommune : KdU). 1 Mrd. Euro über den Umsatzsteueranteil der Länder. Die Bundesauftragsverwaltung soll durch diese Verteilung nicht ausgelöst werden.“

Dieser Beschluss entspricht nicht dem Ziel der Entlastung der besonders von Soziallasten betroffenen Kommunen. Weder die Umsatzsteueranteile der Länder, noch die der Kommunen haben etwas mit der Höhe der Soziallasten zu tun. Deshalb bedarf es einer Stärkung der Komponente der Kosten der Bundesbeteiligung an den KdU.

Dass der zitierte Beschluss unter der Überschrift „Bundesteilhabegesetz“ verhandelt wurde, stellt eine erneute Verkoppelung der Frage der Entlastung der Kommunen mit den Leistungen der Eingliederungshilfe dar, die eine Beteiligung der Länder an den fünf Milliarden mit einer Milliarde über ihren Umsatzsteueranteil legitimieren soll, da die Frage der Kostenträgerschaft für die Eingliederungshilfe in den Bundesländern unterschiedlich geregelt ist. Insofern muss davon ausgegangen werden, dass es nicht sicher ist, dass alle Bundesländer diese Gelder tatsächlich an die Kommunen vollumfänglich weitergeben. Zudem werden neue interne Verteilungsfragen entstehen, die den politischen Diskurs über die kommunalen Finanzaus¬gleichgesetze in den Ländern zusätzlich belasten werden. Deshalb ist eine Verteilung über Umsatzsteueranteile der Länder eine schlechte Lösung, die revidiert werden sollte.