CDU/CSU und SPD haben sich am 08. Oktober 2025 im Koalitionsausschuss auf konkrete Inhalte zur Reform des Bürgergeldes geeinigt. Danach soll das SGB II in Bezug auf Arbeitsanreize, Leistungsminderungen und Karenzzeiten konsequenter ausgestaltet werden. Viel wird allerdings von der noch ausstehenden gesetzgeberischen Ausgestaltung abhängen.
Das bisherige Bürgergeldsystem soll zu einer „Neuen Grundsicherung“ umgestaltet werden. Ziel ist es erwerbsfähige Leistungsberechtigte schneller und dauerhaft in Arbeit zu bringen. Hierzu ist vorgesehen, leistungsberechtigte Personen unmittelbar nach Antragstellung verbindlich (mit Rechtsbehelfsbelehrung) zu einem ersten persönlichen Gespräch zu laden. Auf dieser Grundlage schließen Jobcenter und Leistungsberechtigte einen Kooperationsplan mit Rechten und Pflichten. Sollte dieser nicht zustande kommen, ergeht ein Verwaltungsakt mit Rechtsfolgen- und Rechtsmittelbelehrung.
Grundsätzlich soll der Vermittlungsvorrang wieder eingeführt werden. Ist eine Qualifizierung, vor allem bei unter 30-Jährigen, erfolgversprechender, erhält diese hingegen Vorrang.
Der Erwerbsfähigkeitsbegriff soll zudem „realitätsnäher“ gefasst werden, „damit Personen, die dauerhaft nicht in den ersten Arbeitsmarkt integrierbar sind, die für sie richtige Hilfe erhalten können“. Dies muss im Gesetzgebungsprozess kritisch begleitet werden um eine Lastenverschiebung in kommunalfinanzierte Sozialleistungen wie der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem 3. Kapitel SGB XII oder der Eingliederungshilfe nach dem SGB IX auszuschließen.
Für Langzeitarbeitslose ist eine engere Betreuung mit deutlich höherer Kontaktdichte vorgesehen; alle Personen sollen ein konkretes Angebot erhalten, auch solche, die sich bereits im System befinden.
Das Sanktionsregime soll konsequenter ausgestaltet werden - die bisherigen Stufen (Sanktionstreppe) entfallen. Wer den ersten Termin versäumt, erhält unmittelbar eine Zweit-einladung; bleibt auch dieser Termin ungenutzt, werden die Leistungen um 30 % gekürzt. Wird ein dritter Termin ebenfalls nicht wahrgenommen, werden die Geldleistungen vollständig eingestellt. Erfolgt im Folgemonat kein Erscheinen, werden sämtliche Leistungen einschließlich der Kosten der Unterkunft (KdU) eingestellt. Härtefälle – insbesondere aus gesundheitlichen oder anderen schwerwiegenden Gründen – sollen berücksichtigt werden. Bei der ersten Pflichtverletzung gilt eine 30 %-Minderung; bei Arbeitsverweigerung wird im Einklang mit dem Sanktions-Urteil des Bundesverfassungsgerichts der Regelsatz vollständig gestrichen; die KdU sollen in diesen Fällen direkt an den Vermieter gezahlt werden.
In der Vermögensprüfung sollen die Karenzzeiten entfallen. Künftig orientiert sich das Schonvermögen an der Lebensleistung (z. B. am Alter und an Beitragszeiten in der Arbeitslosenversicherung). Bei unverhältnismäßig hohen KdU entfällt ebenfalls die Karenzzeit.
Darüber hinaus soll die Reform einen Schwerpunkt bei der Missbrauchsbekämpfung setzen. Vorgesehen sind schärfere Maßnahmen gegen Schwarzarbeit, eine klarere Fassung des Arbeitnehmerbegriffs im Rahmen der Freizügigkeit, ein verbesserter Datenaustausch sowie gezielte Schritte gegen Vermieter von Schrottimmobilien.
Zur Entlastung der Jobcenter soll zudem die temporäre Bedarfsgemeinschaft abgeschafft werden. Der hauptsächlich betreuende Elternteil erhält künftig den vollen Regelbedarf, für den umgangsberechtigten Elternteil ist ein pauschalierter Mehrbedarf vorgesehen.