Positionspapier
Beschlüsse Vorstand

Positionspapier "Kommunen fordern Absicherung der notwendigen kommunalen Verkehrsinfrastrukturinvestitionen"

26. September 2014

1.    Unterfinanzierung der Verkehrsinfrastruktur

Die von der Verkehrsministerkonferenz eingesetzte Kommission „Nachhaltige Verkehrsinfrastrukturfinanzierung“ hat in ihrem Endbericht vom 30. September 2013 festgestellt, dass die Verkehrsinfrastruktur aller Verkehrsträger und aller Baulastträger in Deutschland deutlich unterfinanziert ist. Der hierzu errechnete Betrag beläuft sich über alle Ebenen auf 7,2 Mrd. Euro pro Jahr. Davon fehlen jährlich 4,5 Mrd. Euro bei der laufenden Erhaltung und dem Betrieb. Weitere 2,7 Mrd. Euro jährlich stehen einem Nachholbedarf von insgesamt 40,8 Mrd. Euro für Sanierungsaufwand gegenüber, wenn dieser in 15 Jahren abgearbeitet werden soll. Darüber hinaus werden weitere Nachholbedarfe insbesondere im Bereich der Sanierung von Brücken erwartet. In diesen Summen sind keine Erweiterungen und Verbesserungen des Verkehrsnetzes enthalten. Der kommunale Anteil an dem aufgezeigten Gesamtdefizit liegt allein bei 3,25 Mrd. Euro jährlich. Es besteht also dringender Handlungsbedarf.

Für die Kommunen stellt sich die Frage, wie künftig die bislang über das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) und die Entflechtungsmittel an die Kommunen gelangenden Mittel (des Bundes) auch nach 2019 sicher gestellt und entsprechend der Bedarfslage erhöht werden können. Dabei muss zugleich sichergestellt werden, dass der Verwendungszweck der Mittel sich nicht nur auf Neubau, Erweiterung und Neuanschaffung erstrecken darf. In Anbetracht des aufge-zeigten Investitionsstaus muss insbesondere auch die Investition in Erhaltung und Instandsetzung möglich sein. Insofern ist auch über eine neue Form der Finanzierung kommunaler Verkehrsinfrastruktur gegenüber den Förderungsmodalitäten gemäß dem GVFG zu beraten. Von besonderer Bedeutung ist die Fortschreibung des GVFG-Bundesprogrammes über das Jahr 2019 hinaus, da es sonst zu einem faktischen Investitionsstopp für große ÖPNV-Vorhaben in Deutschland käme. Hier bedarf es dringend einer Anschlussregelung für die Jahre nach 2019.

2.    Beschlüsse der Verkehrsministerkonferenz der Länder und der Koalitionsvertrag von SPD, CDU und CSU

Auf ihrer Sonderverkehrsministerkonferenz am 2. Oktober 2013 haben die Verkehrsminister der Länder nach Vorlage des Berichts der Kommission „Nachhaltige Verkehrsinfrastrukturfinanzierung“ einen einstimmigen Beschluss mit gemeinsamen Empfehlungen für die künftige Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur in Deutschland gefasst:

  • In Punkt 12. „Kommunale Finanzen für Infrastruktur“ wird der Bund aufgefordert, eine Nachfolgeregelung für die Entflechtungsmittel und das GVFG über 2019 bis spätestens 2015 zu finden und dabei auch die Möglichkeit des Einsatzes der Mittel für Erhaltung und Sanierung zu erlauben.
     
  • In Punkt 13. „Regionalisierungsmittel“ wird darauf verwiesen, dass die Revision in 2014 dazu führen müsse, eine höhere Dynamisierung der Mittel zu erreichen, damit den regelmäßig steigenden Kosten für Infrastrukturnutzung und Energie Rechnung getragen wird.
     
  • In Punkt 14. „Finanzierung“ erhebt die Verkehrsministerkonferenz die Forderung nach einer Erhöhung der Bundesmittel um weitere 2,7 Mrd. Euro jährlich, die einem Sondervermögen „nachholende Sanierung“ zur Verfügung stehen sollen. Darüber hinaus wird ein Stufenplan aufgebaut, der weitere Schritte bis 2019 definiert und u.a. das Sondervermögen in 2016 auf 5 Mrd. Euro jährlich erhöht. Dieses Sondervermögen soll verkehrsträgerübergreifend für alle Baulastträger zur Verfügung stehen.
     
  • Hinsichtlich der Refinanzierung wird festgestellt: „Was nicht aus dem Haushalt finanziert werden kann, muss aus Instrumenten der Nutzerfinanzierung realisiert werden.“

Der Koalitionsvertrag der Regierungskoalition von SPD, CDU und CSU auf Bundesebene bleibt gegenüber dem Beschluss der Verkehrsminister zurück:

  • So beschränkt sich der verbleibende Abschnitt zur Aufstockung der Finanzmittel auf die Verwendung für die Verkehrsinfrastruktur des Bundes und nicht über alle Baulastträger hinweg. Unter den prioritären Maßnahmen heißt es allerdings ohne Festlegung auf den Verwendungszweck: „Für die dringend notwendigen Investitionen in die öffentliche Verkehrsinfrastruktur werden insgesamt fünf Milliarden Euro zusätzlich mobilisiert.“ Eine Refinanzierung durch zusätzliche Mittel aus der LKW-Maut und damit auch die Möglichkeit der Ausweitung derselben wird explizit angesprochen. Zudem soll die von der CSU verlangte Einführung einer PKW-Maut für im Ausland zugelassene Fahrzeuge kommen.
     
  • Hinsichtlich der Gemeindeverkehrsfinanzierung wird eine verlässliche Anschlussfinanzierung für das GVFG-Bundesprogramm für die Zeit nach 2019 angestrebt und soll Gegenstand der Beratungen im Rahmen der Reform der Bund-Länder-Finanzbeziehungen werden.
     
  • Hinsichtlich der Regionalisierungsmittel wird in 2014 eine zügige Einigung im Rahmen der anstehenden Revision angestrebt. Ebenfalls im Rahmen der Kommission zu den Bund-Länder- Finanzbeziehungen soll eine neue Grundlage für die Regionalisierungsmittel ab 2019 gefunden werden.
     

3.    Forderungen der Bundes-SGK zur Absicherung der notwendigen kommunalen Verkehrsinfrastrukturinvestitionen

Vor dem skizzierten Hintergrund fordert die Bundes-SGK zur Absicherung der notwendigen kommunalen Verkehrsinfrastrukturinvestitionen:

  1. Für eine nachhaltige Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur ist eine aufgabenadäquate allgemeine Finanzausstattung der Baulastträger unverzichtbar. Deshalb bleibt aus Sicht der Städte, Gemeinden und Kreise die Forderung nach einer allgemeinen Entlastung der kommunalen Haushalte und ihre angemessenen Ausstattung von prioritärer Bedeutung. Dazu zählt insbesondere die zügige Umsetzung des im Koalitionsvertrag vereinbarten Vorhabens der Entlastung der Kommunen in Höhe von 5 Milliarden Euro jährlich.
     
  2. Um den enormen Bedarf an nachholender Sanierung im Bereich der Verkehrsinfrastruktur zu decken, ist in Ergänzung zu einer verbesserten allgemeinen Finanzausstattung die Schaffung eines überjährigen und verkehrsträgerübergreifenden Sondervermögens mit Zweckbindung wünschenswert. Hieraus sind die entsprechenden Maßnahmen zu finanzieren, bis der gegebene Sanierungsstau aufgelöst worden ist. Diese Mittel müssen auch den kommunalen Baulastträgern zur Verfügung stehen. Dieses Sondervermögen sollte so ausgestattet werden, dass die Sanierungsaufgaben in einem Zeitraum von 15 Jahren bewältigt werden können. Sofern ein solches Sondervermögen nicht möglich sein sollte, ist zumindest die Schaffung eines Sofort- und Notprogramms des Bundes- und der Länder zur nachholenden Sanierung über alle Verkehrs- und Baulastträger erforderlich, an dem auch die kommunalen Baulastträger partizipieren können.
     
  3. Um eine Refinanzierung der Sanierung, aber auch des laufenden Erhaltungsaufwandes zu sichern, sollte die LKW-Maut bereits für Fahrzeuge ab 7,5 Tonnen gelten. Eine Ausweitung der LKW-Mautpflicht auf vierspurige Bundesstraßen sollte eine spätere Ausdehnung auf alle Bundesstraßen und auch das nachgeordnete Straßennetz offen halten. Auch sollte sich der Bund die Möglichkeit offen halten, das Mautsystem in der Vertragsverlängerungs¬zeit zu übernehmen. Eine Einführung einer PKW-Maut muss mit der Ausdehnung der LKW-Maut kompatibel gestaltet werden.
     
  4. Es bedarf darüber hinaus einer zügigen Entscheidung über eine Anschlussregelung für das GVFG-Bundesprogramm über das Jahr 2019 hinaus. Diese muss spätestens 2015 entschieden sein. Auch für die grundsätzliche Frage der Anschlussregelung der übrigen GVFG-Mittel als Bestandteil der Entflechtungsmittel muss eine Lösung erarbeitet werden. Dabei kann eine grundlegende Reform des GVFG einen sinnvolleren und effektiveren Mitteleinsatz bewirken.
     
  5. Im Rahmen der anstehenden Revision zum 1. Januar 2015 ist eine Dynamisierung der Regionalisierungsmittel dauerhaft vorzusehen, um den gestiegenen Kosten für Infrastrukturinanspruchnahme (Netznutzungsentgelte durch Trassenpreise der DB-Netz) und steigenden Energiekosten zu begegnen.

Beschluss des Vorstandes der Bundes-SGK
vom 26. September 2014